Montag, 19. Dezember 2022





Philosophie-Blog

https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Schmidt_%28Autor%29

Peter Schmidt


Was sind "Gefühle"?

Kann Fühlen "richtig" oder "falsch" sein? Welche Funktionen haben Gefühle? Lassen sich Gefühle verändern?


WOZU DIENT EINE BESSERE BEGRIFFLICHKEIT
DES FÜHLENS?

Bei seelischen Belastungen bemerken wir oft, dass da etwas ist, ohne uns darüber im Klaren zu sein, was genau es ist – weil uns der „sprachliche Kode“ fehlt. Mit einem besseren begrifflichen Verständnis der Gefühle können aktuelle wie auch wiederkehrende Gefühlsbelastungen schneller und effektiver
gelöst werden als bisher. 
 
Die gegenwärtige Diskussion in der Psychologie, aber auch in der populären Ratgeber­litera­tur und in den Medien (denn das Thema hat seit Golemans "Emo­tio­nale Intelli­genz" und vielen Ergebnissen der Hirnforschung außerordentliche Popularität erlangt) entspricht nicht mehr dem letzen Stand der analytischen und phä­no­me­no­lo­gi­schen Psy­cho­logie.

Gefühle sind keine Gedanken (Urteile, Meinungen, Schlussfolgerungen usw.), sondern ein eigener Bereich ("sui generis") neben Gedanken, Sin­nes­wahr­nehmungen, Vorstel­lungen und Empfindungen. Gefühle können jedoch durch Gedanken, Sinneserfahrun­gen, Vorstellungen, Empfindungen hervorgerufen werden. Gefühle sind „kontingent“ und können je nachdem mit allen anderen Erfahrungen eine Verbindung eingehen. Gedanken z.B. erhalten so eine Fär­bung durch das Fühlen. Man erlebt die Wirklichkeit durch eine „Gefühlsbrille“.

Die beiden wesentlichen Faktoren des Fühlens sind „Angenehmsein“ und „Un­an­ge­nehm­sein“. Allem Anschein nach handelt es sich dabei um zwei immer noch viel zu wenig beachtete Grundfunktionen unseres Nervensystems. Gefühle haben darüber hinaus noch zahlreiche spezielle Tönungen (Traurigsein, Schaurigsein, Lustig­sein, Melancholischsein, Erhabensein usw.). Aber ihr wesentlicher Faktor ist das Angenehm­sein und Unangenehmsein. Oh­ne „An­ge­nehm­sein“ (ähn­lich Lustvollsein, Wohlbehagen), kein Glück, keine Zufriedenheit, kein Wohlbehagen, keine Freude, keine z.B. sexuelle Lust. Sonst handelte es sich nur um gedanklich er­fasstes Positivsein wie bei Werten als Mittel (Gesetze, Werkzeuge, Medikamente). Gefühle in ihrer Einheit mit Be­wertungen (= Gedanken) sind oft nur angenähert, z.B. statistisch, vor­aussagbar. Der Grund liegt in der "Kontingenz" des Fühlens. Gefühle verändern sich, nehmen an In­tensität zu, werden stärker oder verschwinden, zum Teil ohne erkennbare Ursachen.

GEFÜHLE BEGRÜNDEN IM WESENTLICHEN UNSERE WERTERFAHRUN­GEN UND UN­SERE LEBENSQUALITÄT.

Ohne das Angenehmsein des Fühlens in seinen vielfachen möglichen Ver­bin­dun­gen mit Ge­dan­ken, Sinneswahrnehmungen und Empfindungen wären nur kognitiv erfasste (oder auch bloß „ver­meinte“) Werte und Motive möglich.

Manche Menschen haben – beispielsweise durch Stress – ihre Gefühle verdrängt („Ale­xithymie“, „Re­presser“). Gefühle können sich auch ohne unser Zutun verändern. Andernfalls hiel­ten beispiels­weise Trauer­gefühle ihrer Intensität nach für immer an, was nicht der Fall ist. Gefühle sind weder "richtig" noch "wahr" oder "falsch" wie logische Sätze oder Tat­sa­chen­aus­sa­gen, son­dern einfach gegeben und manchmal zweck­mäßig (z. B. wenn sie Schmerzen oder Krankheiten anzeigen). Ge­fühle prägen den Erfahrungen ein Wertprofil auf. Gefühle konstituieren Positivsein im Leben. Nur gedanklich oder über Sinneserfahrungen erfasstes Positivsein unserer Lebenserfahrungen reicht nicht aus zur Letztbegründung von Positivsein. Sonst könnte man in einem unendlichen Regress immer weiter fragen, worin eigentlich der Wert unserer Erfahrungen besteht. Der liegt in der Evidenz des Positivseins angenehmer Gefühle. Was bedeutet hier "evident"? Im angenehmen Gefühl zeigt sich das Positivsein an sich (wie das Grün sich am Grünsein eines Blattes zeigt). Eine andere - dann kognitiv erfasste - Positivität wäre jene des Zweckmäßigseins als Mittel (z.B. Geld, Gesetze, Werkzeuge), das je nachdem zum Endwert des Fühlens führen kann.
   Immer dann, wenn das Angenehmsein als Einfärbung unserer Wahrnehmung von Wirklichkeit (Gedanken, Sinneserfahrungen, Körperempfindungen, Wollensintentionen, Motivationen) verschwindet, fehlt auch die unmittelbare Anmutungsqualität des Positivseins durch Fühlen, was zeigt, welchen entscheidenden Stellenwert das Angenehmsein bei Bewertungen und Werterfahrungen (z.B. "Lebensqualität") hat.
   Dies zu erkennen, erfordert allerdings eine subtile Wahrnehmung, wie sie am besten die aus der Philosophie bekannte Phänomenologische Methode leistet: nämlich nur das zu identifizieren, was sich unabhängig von Meinungen, Interpretationen und Vorurteilen von sich selbst her zeigt.
   An allen echten "Endwerten" sind Gefühle beteiligt. Gefühle als Angenehmsein sind vom Sinn und Wert des Lebens her betrachtet Hauptsache, nicht Nebensache. Ein angemesse­nes Verständnis der Gefühle kann im Ernstfall sogar lebensrettend sein, da wir durch unsere natürliche mentale Verfas­sung Gefühle oft als objektiv erleben: als "an der Sache, am Gegenstand, am Wahrgenommenen" befindlich. Nach dieser Interpretation geschehen viele Selbst­mor­de durch Ver­wechs­lung von subjektivem Fühlen und objek­tiver Realität. Also aus man­gel­haftem Selbstverständnis und wegen fehlender Auf­klärung.
  
GEFÜHLE BEGRÜNDEN UNSERE UNWERTERFAHRUN­GEN,
UN­SER LEIDEN.

Ohne Unangenehmsein ist kein Leiden, keine Unzufriedenheit, keine Depres­sion, kein Schmerz möglich. Sonst handelte es sich lediglich um gedanklich erfasstes Negativsein. Und Gedankem sind nun einmal nicht unangenehm, schmerzhaft, sondern eben nur Gedanken als diese bestimmten erfassten Bedeutungenund lösen Gefühle erst aus oder gehen mit ihnen einher.


Die „Attractio-Aversio“-Theorie des Fühlens

Im Folgenden werden wir mangels anderer traditioneller Be­zeich­­nungen das positive Ge­fühls­moment des Angenehmseins Attractio (von Spätla­tei­nisch „das An­sichziehen“) und das negative Gefühls­moment des Unangenehmseins Aversio (von Lateinisch ãversio – „das Sichabwen­den“) nennen.

Die Natur ver­fügt so gesehen nur über zwei sehr einfache Me­thoden, um Dinge neben der intellektuellen Ein­sicht in Werte als Mittel für uns be­geh­renswert oder abstoßend zu machen: die Gefühlsaus­zeich­nung von Wahrneh­mungen durch Attractio und Aversio. Zur Über­sicht hier eine Zusam­men­fassung aller wichtigen Charakteris­tika positi­ver Ge­fühle:

Die Attractio ist lustvoll, attraktiv, angenehm, anziehend, „in-sich-selbst-wertvoll“. Ihr Angenehmsein zeigt sich unmittelbar, an­schau­lich und evident, ohne notwendiges gedankliches Ver­ständ­nis. Ihre Anzie­hungsqua­lität erweist sich darin, dass sie – für sich allein gese­hen – bei direkter Erfahrung von jedermann gewollt wird. Sie wird nur abgelehnt, wenn dafür Gründe spre­chen, die nicht in ihrer um­mittelba­ren attrakti­ven Anschau­ung liegen (z.B., wenn bei der durch Heroin verursachten Lust er­kannt wird, das Heroin die Gesundheit schä­digt und abhängig macht).

Die Attractio ist (hypothetisch) verursacht, auch wenn wir ihre jewei­lige Ursache, sei es im Bewusstsein oder/und Nervensys­tem und Ge­hirn oder durch Erziehung, Moden, Bräuche usw. nicht im­mer ein­deutig aus­ma­chen können.

Die Attractio ist eine Erlebniskategorie sui generis, d.h. grund­sätz­lich verschieden von Körperempfindungen (z.B. Spannung, Wärme), Sin­nesempfindungen, Gedanken, Vorstellungen, Wer­tungen und Wol­lens­intentio­nen. Sie kann sich jedoch mit all diesen Erfahrungen ver­binden. Dass es sich bei der Attractio um eine Ka­tego­rie sui ge­neris handelt, macht es plausibel, sie für das wesentli­che Moment des Be­griffs „Ge­fühl“ in An­spruch zu nehmen. Wäh­rend der Begriff Ge­fühl im alltägli­chen Sprach­­gebrauch eher für Einheiten aus der Attractio und den oben genannten übrigen Kate­gorien verwendet wird, ist die Attractio also so etwas wie „der reine Begriffskern“, das, was in all den ange­sprochenen Erlebnis­einheiten als identisch und un­entbehrlich ange­sehen werden muss.

Wir haben demnach be­reits positive Gefühle, wenn wir die Attrac­­tio erleben, aber meist tritt die Attractio in der Ver­bin­dung mit anderen Katego­rien des Erlebens auf. Deshalb ist es sinn­­­voll, zwischen Attrac­tio und posi­tivem Gefühl zu unter­scheiden.

Die Attractio ist kontingent: Sie gehört nicht notwendig zu Kör­­per­­empfin­dungen, Sinneswahrnehmungen, Gedan­ken und Vor­stellun­gen. Sie kann von solchen Erlebenskategorien aus­gelöst werden oder sich im Erleben mit ihnen verbinden. Doch gibt es hier keine richtige Ver­bindung im Sinne von „notwen­dig“ – also logisch oder mathema­tisch notwendig oder in der Weise, wie es notwendig zum Begriff des Drei­ecks gehört, dass diese geometrische Form drei winkelig unter­einander verbun­dene Grade besitzen muss. Gefühle sind allen­falls zweck­mäßig, z.B. für die Gesundheit, den Lebenser­halt, die Fort­pflanzung oder wün­schenswert an und für sich und indem sie andere Werterfahrun­gen er­möglichen, vor allem aber als unentbehrliches Moment jeder Lebensqualität. Die Kontingenz der Attractio be­gründet unter an­derem die Forderung nach Tole­ranz.

Die Attractio benötigt, um erlebt zu werden, keine gedankliche Inter­pre­ta­tion, kein intellektuelles Verständnis. Dies ist nur nö­tig bei Gefühlen, die ohne gedankliches Erfassen nicht erlebt werden kön­nen, z.B. Lebenssinn, Optimismus – aber nicht bei Gefühlen, die Empfin­dungen zugeordnet sind, wie z.B. beim Gefühl der Wärme (das Gefühl der Wärme setzt sich zusam­men aus der Empfindung der Wärme und der kontingenten Attractio = „positives Gefühl“ , bzw. auch Aversio = „negatives Gefühl“).

Die Attractio zeigt sich sowohl im Gefühl selbst wie auch in Emo­­tio­nen, Stimmungen, Affekten, Leidenschaften, Wün­schen, Wertge­fühlen, aber auch in anderen Gefühlstönungen wie z.B. „fröhlich“, „witzig“, „be­schwingt“ und ist in allen die­sen Erfahrungs­bereichen letztlich iden­tisch, notwendig und we­sentlich. Neugier, Erstau­nen, Faszination, Interesse kön­nen ge­nauso über die Attrac­tio und mit ihr erlebt werden und stellen ein we­sentliches, wenn nicht sogar unent­behrliches Mo­ment in ihnen dar.

Die Attractio begründet alle Wert- und Sinnerfahrungen. Ohne Attrac­tio sind, von Werten als Mittel und dem phä­nomeno­logisch schwer in Begriffe zu bringendem Sonderfall des „Wert-Qua­les“ ab­gesehen, keine Werter­fahrungen mög­lich. Da so­wohl Sin­nes­empfin­dun­gen, Gedanken, Vor­stel­lungen und Kör­per­­emp­fin­dun­gen, aber auch Neugier, Erstau­nen, Faszi­nation, Interes­se für sich allein be­trach­tet wertfrei und eben nur das sind, was sie ihrer Qua­lität nach dar­stel­len, benötigen sie, um als Wert erlebt zu werden, die Ge­fühls­aus­zeichnung der Attrac­tio. Werte als Mittel müs­sen, um letzt­lich Werte genannt wer­den zu können, zur Wert­aus­zeichnung der Attractio hin­führen. An­dern­falls handelt es sich um bloßes Wertmei­nen, um Wertideen, ja im schlimms­ten Fall um leeres „Wertgerede“.

Dass die  Attractio Werte begrün­det, liegt am unend­lichen Regress des Wei­terfragens: Bei Sinnes­empfindun­gen, Ge­dan­ken, Vor­stellungen, Kör­perempfin­dun­gen, Neugier, Er­stau­nen, Faszina­tion, Interesse können wir immer fra­gen, wozu etwas gut ist und inwiefern es sich um einen Wert handelt. Die Attrac­tio zeigt ihren Wert in Evi­denz so wie ein grünes Blatt als Wahrneh­mung sein Farbquale aus sich selbst heraus darstellt.

Die Kontingenz der Attractio macht unsere Werturteile in vie­len Berei­chen relativ und subjektiv. Weil die Attrac­tio z.B. in der ästhe­tischen Wert­er­fah­rung kontingent ist, also nicht all­gemeingültig, sondern ledig­lich subjek­tiv und faktisch, kann auch das ästhetische Werturteil weder objektiv noch allgemein­gültig sein. (Ist es im Ein­zelfall doch all­gemeingültig, dann nicht, weil die Attractio objektiv ist, son­dern weil zufällig alle Indi­viduen, aus welchen Gründen auch immer, die gleiche Attractio-Erfah­rung haben.) Was die Werterfah­rung aus­macht, ist die sub­jektive Komponen­te. Deshalb beruhen so viele Wert­urteile auf dem objektivis­tischen Fehlschluss.

Die Attractio ist oft ganz deutlich, z.B. beim Hochgefühl, in der Lust, im Glück, beim Orgasmus, meist aber eher subtil und un­merk­lich. Sie tritt überwiegend als „Einfärbung“ anderer Wahr­neh­mungen auf. Wir nehmen die Wirk­lichkeit durch eine sub­tile, stän­dig wechselnde Ge­fühlsbrille wahr. Diese Einfärbung prägt der Erfahrung ihr Wert­pro­fil auf. Auf solche Weise wird oft der „Anschein der Objek­tivi­tät“ erzeugt, der dann z.B. bei ästhe­ti­schen Werten dazu führt, dass wir fälschlich die Allge­meingül­tigkeit unseres Wert­e­rle­bens be­haupten. Unser Be­wusst­­sein, Ner­­­ven­system, Gehirn reagiert ge­ra­dezu seis­mo­graphisch ge­nau auf die Attractio, obwohl uns ihr Wir­ken oft nicht be­wusst wird. Ein großer Teil der Ak­ti­vitäten unseres Organismus be­steht darin, eine Fühlsphäre herzustellen, in der die Attractio do­miniert.

Verbindet sich die Attractio mit anderen Wahrnehmungen, dann geht sie oft eine qualitative Synthese ein aus Gegens­tands- und Ge­­fühls­quali­täten. Beispiel: Ein Gesicht, dem man eher das Prä­di­kat hässlich zuord­nen würde, wird durch die Einfär­bung der Attractio „sympa­thisch“. Diese neue Qualität ist also eine „Ganzheits­qua­li­tät“. Daraus wird er­sichtlich, dass ästheti­sche Werterfahrungen we­der ganz sub­jek­tiv („im Sub­jekt er­lebt“) noch ganz objektiv („am Objekt er­schei­nend“) sind.

Dabei scheint die Attractio zwar hinsichtlich „Tiefe“ und „In­ten­si­tät“ verschieden zu sein, aber selbst wieder keine quali­tati­ven Nu­an­cen zu besitzen. Vielmehr bilden sich verschieden Qualitäten erst in der Syn­these, z.B. mit Sinneswahrnehmun­gen und Körper­empfin­dungen, wie etwa einer Körperspannun­gen oder anderen Qua­lia des Fühlens (z.B. Schauder, Fröhlich­keit, Melancholie). Ein stechender Schmerz be­kommt seinen Cha­rakter durch die ste­chende Empfin­dung als qualita­tive Ein­heit mit dem negativen Ge­fühlscharakter der Aversio. Erleben wir die ste­chende Emp­findung stattdessen mit der Attractio, wird sie angenehm.

Die Attractio als Kern des Fühlens ist damit grundlegender und unfassender defi­niert als jemals zuvor in der Psychologie und Philo­sophie. Mit diesen Be­stimmungen ist es möglich, unsere allgegenwärtige emotio­nale Des­orientiertheit zu verstehen und Wege aus der „Gefühlsfalle“ zu defi­nieren.

Was oben für die „Attractio“ gilt, gilt demnach mit dem Unter­schied
    
a) dass es sich eben nicht um angenehme sondern unange­nehme, schmerzliche Gefühlstönungen und damit um negative Erfahrun­gen handelt, auch für die Aversio.
   b) Die Aversio ist (zumindest hypothetisch) verursacht, auch wenn wir ihre jeweilige Ursache nicht immer eindeutig ausma­chen kön­nen.
   c) Die Aversio ist genauso eine Erlebniskategorie sui generis, d.h. grund­sätzlich verschieden von Körperempfin­dungen, Sin­nesemp­fin­dun­gen, Gedanken und Vorstellungen und Wollens­erfahrungen und Wer­tungen, kann sich jedoch mit allen ande­ren Erfahrungen verbin­den. Wir haben jedoch bereits negative Ge­fühle, wenn wir allein die Aversio erle­ben. Meist tritt die Aversio jedoch in Verbin­dung mit an­deren Erle­bens­kategorien auf. Deshalb ist es sinnvoll, zwischen Aver­sio und nega­tivem Gefühl zu unterscheiden.
   d) Die Aversio ist kontingent und kann z.B. durch die Attrac­tio abge­löst werden.
   e) Auch bei der Aversio ist die gedankliche Komponente nur eine mögli­che Variante.
   f) Die Aversio zeigt sich wie die Attractio sowohl im Gefühl selbst wie auch in Emotionen, Stimmungen, Affek­ten, Leiden­schaften, Wünschen, Wertgefühlen, aber auch in anderen Ge­fühlstönungen wie z.B. „trau­rig“, „schaurig“, „melancholisch“, „unheimlich“ und ist in allen diesen Er­fahrungs­kategorien letzt­lich identisch, notwen­dig und wesentlich. Auch Ekel, Ab­nei­gung, Widerwille, Sorge, Ent­setzen, Desinteresse, Lange­weile werden über die Attrac­tio erlebt und stellen ein unent­behrli­ches Wesensmoment dar.
   g) Die Aversio begründet alle Unwerterfahrungen. Ohne Aver­sio ist kein Leiden, keine Unzufriedenheit, keine Depres­sion, kein Schmerz möglich. Da sowohl Sinnesempfindungen, Gedanken, Vor­stellungen und Körper­empfindungen für sich allein betrachtet wert­frei sind (sieht man von Werten als Mittel ab), be­nötigen sie, um als Unwert erlebt zu werden, die Ge­fühls­aus­zeichnung der Aver­sio. Unwerte sind letztlich nur Un­werte, wenn sie auch tatsäch­lich zur Aversio führen. An­dern­falls handelt es sich um bloßes Wert­meinen, um leere Wert­ideen, ja im schlimmsten Fall um bloßes „Wert­gerede“. Dass nur die Aversio Unwerte begrün­den kann, liegt wie bei der Attractio am unendlichen Regress des Hinterfragens: Bei Sinnes­empfindungen, Gedanken, Vor­stel­lungen, Körper­emp­fin­dungen können wir immer weiter fra­gen, warum etwas nicht gut ist und inwiefern es einen Unwert dar­stellt. Die Aversio zeigt ihren Un­wert in unmittelbarer Evi­denz, so wie ein grünes Blatt als Wahrneh­mung sein Farb­quale aus sich selbst heraus darstellt.

Wie bei der Attractio begründet auch bei der Aversio die Kontin­genz der Gefühlsauszeichnung, dass Wertur­teile nie ob­jektiv und nur dann allgemeingültig sind, wenn zufällig alle (aus wel­chen Gründen auch im­mer – Mode, Gewohnheit, gene­tische Disposition, Erzie­hung) die­selbe Aversio-Erfahrung ha­ben. Kontingent bedeu­tet: nicht wesens­mä­ßig, nicht logisch notwen­dig, nur faktisch („notwendig“ nur, inso­fern es Ur­sa­chen für die Aversio gibt). Nega­tive Wertur­teile, die auf der Aver­sio beru­hen, begründen daher wegen des ob­jektivisti­schen Fehl­schlus­ses oft nur scheinbar allge­meingültige Aus­sagen.
   h) Die Aversio ist wie die Attractio je nachdem ganz deutlich, z.B. beim Ekel, in der Angst, in der Wut, im Är­ger, oft jedoch sehr subtil. Auch die Aversio tritt überwiegend als „Einfär­bung“ der Wahrneh­mung auf. Wir nehmen die Wirklichkeit durch eine ständig wech­selnde Ge­fühlsbrille wahr. Auf diese Weise wird der „An­schein der Objektivität“ erzeugt, der dann z.B. bei ästhe­tischen Wer­ten dazu führt, dass wir fälschlich die Allgemeingültigkeit unseres ne­ga­tiven Wert­e­rle­bens be­haup­ten. Unser Bewusstsein/Nerven­sys­tem/­Ge­hirn reagiert ge­ra­de­zu seis­mogra­phisch auf die Aver­sio, obwohl uns ihr Wirken oft nicht be­wusst wird. Ein großer Teil der Akti­vitäten unse­res Or­ganismus besteht darin, eine Fühlsphäre herzu­stellen, in der die Aversio ver­mieden oder zum Verschwinden ge­bracht wird.

Verbindet sich die Aversio mit anderen Wahrnehmungen, dann geht sie wie bei der Attrac­tio oft eine qualita­tive Synthese ein aus den Ge­gens­tands- und Gefühlsqualitäten. Beispiel: Ein Ge­sicht, dem man eher das Prädi­kat schön zuordnen würde, wird durch die Ein­färbung der Aversio „unnahbar“, „kalt“ oder „un­sympathisch“. Die­se neue Quali­tät ist mehr als seine Teile, also eine „Ganzheits­qualität“. Dar­aus wird ersichtlich, dass auch äs­thetische Unwerter­fah­rungen weder ganz sub­jektiv („am Sub­jekt erscheinend“) noch ganz ob­jektiv („am Objekt er­schei­nend“) sind.

Copyright © 2019 Peter Schmidt

Vergl dazu auch:
Was ist Emotionale Intelligenz?


WEITERFÜHRENDE LITERATUR


https://www.amazon.de/Mythos-Emotionale-Intelligenz-Einf%C3%BChrung-Psychologie/dp/1507707940/ref=sr_1_2?s=books&ie=UTF8&qid=1467885398&sr=1-2&keywords=Mythos+Emotionale+Intelligenz

Peter Schmidt - Mythos 

Emotionale Intelligenz

  Einführung in die Psychologie des Fühlens und Bewertens

Zweite, überarbeitete und um ein Kapitel erweiterte Neuausgabe
der Erstausgabe im Kollateral Verlag, Sulzbach

Neurobiologie, Psychologie und Philosophie haben gleichermaßen darin versagt, uns zu erklären, was genau Gefühle sind und in welchem Verhältnis sie zu unseren Werterfahrungen und Sinnvorstellungen stehen. Deshalb leben viele Menschen in einem Zustand permanenter Desorientiertheit. Ihre Motive und Wertvorstellungen sind über weite Strecken Selbsttäuschungen. Neue Analysen zeigen, dass das autoritäre Verhalten des wertobjektivistischen Despoten, die Vorurteile des Selbstmörders, die Resignation des Verzweifelten, die emotionale Desorientiertheit des Nihilisten ohne falsch verstandene Gefühle kaum denkbar wären. „Mythos Emotionale Intelligenz“ vollzieht die längst fällige kopernikanische Wende unseres Selbstverständnisses – und liefert die fehlenden Ergänzungen und Korrekturen zum populären Begriff der Emotionalen Intelligenz:

  • gesellschaftlich
  • psychologisch
  • philosophisch und wissenschaftstheoretisch
  • neurophysiologisch

272 Seiten, ca. 20,35 x 13,5 cm
Paperback Hochglanz-Großformat
Neue Printausgabe: Amazon
ISBN-13: 978-1507707944
ISBN-10: 1507707940
Copyright © 2019: Peter Schmidt

 

 LINK ZU:


----------------------------------------------------------------------------------------------------------
-----------------------------------------------------------------------------------------------------------

----------------------------------------------------------------------------------------------------------
-----------------------------------------------------------------------------------------------------------


Menschliche Verrohung, wie wir sie gegenwärtig erleben, begann schon mit dem Auftauchen des Homo sapiens. Und die Prognose bleibt weiter ungünstig. Ein großer Teil der Menschen ist aggressiv und gleichgültig. Habgier, Egoismus, Verachtung, Niedertracht, Hass und Rache, Vergeltungsdenken, Aggressivität und Lust am Bösen sind an der Tagesordnung. Ein britischer Historiker hat einmal die Kriegstoten der bisherigen Menschheitsgeschichte gezählt, soweit rekonstruierbar: Bis zu dreieinhalb Milliarden Tote, also etwa die halbe gegenwärtige Weltbevölkerung. Dazu Folter, Hunger, Vergewaltigung, Unterdrückung, Mord durch Inquisition, Mord aus politischer Willkür, Amokläufer, Psychopathen, Selbstmordattentäter und Sprengstoffanschläge - und das bis in die jüngste Gegenwart … Eigentlich hätte schon ein zehnjähriges Kind mit durchschnittlicher Intelligenz bemerken können, dass die Juden zur Zeit des Nationalsozialismus gar kein gemeinsames Merkmal hatten wie "minderwertige Rasse", "Weltverschwörer", "Ausbeuter". Erst recht nicht, um dann 6 Millionen Menschen zu töten. Dazu musste man sich ja nur irgendein jüdisches Schulkind, die alte jüdische Gemüsehändlerin an der Ecke oder irgendeinen arbeitslosen jüdischen Arbeiter ansehen. Hinter alledem steckt also auch noch ein offensichtliches Intelligenzdefizit. Allerdings: Dann gibt es neben so viel "schlechtem Menschenmaterial" auch noch die Guten, Friedlichen, Hilfsbereiten, Kooperativen ...
.
 
Direkt zur Titel-Liste Sachbuch ...


____________________________________________

Übersicht: Liste aller Literaturlinks

BELLETRISTIK
http://autoren-info-peter-schmidt.blogspot.de/
http://autor-peter-schmidt-pressestimmen.blogspot.de/
http://moskau-washington-thriller.blogspot.de/
http://biografie-peter-schmidt.blogspot.de/
http://peter-schmidt-bibliografie.blogspot.de/
http://autor-peter-schmidt-liste-sachbuch.blogspot.de/
http://schafspelz-agententhriller.blogspot.de/
http://peter-schmidt-belletristik-links.blogspot.de/…
http://die-stunde-des-geschichtenerzaehlers.blogspot.de/
http://linders-liste-krimi.blogspot.de/
http://peter-schmidt-neue-printitel.blogspot.de/
http://maedchenfaenger-psychothriller.blogspot.de/
http://autor-peter-schmidt.blogspot.de/
http://peter-schmidt-aktuelle-literaturlinks.blogspot.de/
http://peter-schmidt-wikipedia.blogspot.de/
http://peter-schmidt-alle-literatur-blogs.blogspot.de/
http://agententhriller.blogspot.de/
http://das-veteranentreffen-agententhriller.blogspot.de/
http://peter-schmidt-schwarzer-freitag-krimi.blogspot.de/
http://montag-reise-nach-innen.blogspot.de/
http://belletristik-und-sachbuch.blogspot.de/
http://mehnerts-fall.blogspot.de/
http://endorphase-x-thriller.blogspot.de/
http://winger-thriller.blogspot.de/
http://die-stunde-des-geschichtenerzaehlers.blogspot.de/
http://einmal-sonne-und-zurueck-reisesatiren.blogspot.de/
http://harris-psychothriller-peter-schmidt.blogspot.de/
http://roulett-krimi.blogspot.de/
http://regeln-der-gewalt.blogspot.de/


PHILOSOPHISCHER
THRILLER



ZUM BUCH

Professor Hollando, Nobelpreis­träger im Fach Me­di­zin, hat als Hirn­for­scher einen
genetischen Schal­ter ent­deckt, der so­wohl für kör­per­liches wie seeli­sches Lei­den – Schmerzen, Angst, Depressi­onen – ver­ant­wort­lich ist. Eine Ent­de­ckung, die Medi­zin-
­ge­schichte schrei­ben könnte …
   Carolin ist von Cesare Hol­lan­do nicht nur als Wis­sen­schaft­ler fas­zi­niert und folgt ihm zur Preis­ver­lei­hung nach Stock­holm. Sie will unbe­dingt in den en­geren Ar­beits­kreis sei­ner Studenten auf­ge­nom­men wer­den.
   Da ihr Bruder Robert gerade zum Haupt­kom­missar be­för­dert wurde, bit­tet sie Hollan­do als ehe­mali­gen Profiler um Rat in einem mys­teri­ösen Fall von Frau­en, die alle auf rät­sel­hafte Weise ihr Ge­dächt­nis ver­lo­ren ha­ben. Sie kön­nen sich we­der an ihre Na­men erin­nern, noch was mit ih­nen pas­siert ist.
   Der Kör­per einer Frau ist voller blau­er Fle­cke. Eine an­dere macht dau­ernd obszöne Bemer­kun­gen. Ein drit­tes Op­fer war bei der Ver­neh­mung kahl­ ge­scho­ren.
   Be­sonders ver­stö­rend: Das rechte Auge eines vier­ten Op­fers wur­de über dem Altar der Kirche St. Ma­ria Mag­da­lena an einer An­gel­schnur ge­fun­den …
   Doch bei Roberts Nachforschun­gen gerät Ca­ro­lin selbst ins Vi­sier des Tä­ters. Der ent­puppt sich als Geg­ner mit un­er­war­te­ten Fä­hig­kei­ten. Das Böse scheint ein nie da gewe­senes Hoch­fest raffi­nier­ter Grau­sam­kei­ten zu ze­lebrie­ren …
   Schon bald geht es nicht mehr nur um Sieg und Nie­der­lage und Ca­ro­lins Über­le­ben, sondern um die Deu­tungs­ho­heit zwei­er geis­tiger Gi­gan­ten – Tä­ter und Op­fer – über den wah­ren Cha­rak­ter der mensch­li­chen Na­tur.


PRESSESTIMMEN

  •  "Allen voran konnte die von vorne bis hinten aufrechterhaltene Spannung überzeugen. Neben dem gekonnten Schreibstil waren wir von der an sich schon interessanten Thematik sehr angetan, die durch gut recherchierte, gesellschaftskritische, philosophische und wissenschaftliche Fakten ergänzt wird." ("Eine Studentin" - Thriller, F.Schäfer)
  • "Das Finale fand ich wirklich überraschend, denn der Leser wird mit der Frage nach Hause geschickt, wer hier denn eigentlich das Monster ist und man klappt das Buch irritiert und grübelnd zu." (Christina Benedikt im Blog "Die dunklen Fälle" über "Eine Studentin", Thriller) 
Paperback
ISBN: 978-1717843135
Amazon: portofreie Lieferung

VLB, Stationärer Buchhandel:
Taschenbuch
ISBN: 978-3-746797-20-5

Auch als Hardcover (ISBN: 9783746798493)
 14,8 cm x 21 cm, Großdruck lieferbar
















I m p r e s s u m
Peter Schmidt
Gelsenkirchen
Mail: peter.s c h m i d t 11@arcor.de 
(Spamschutz: Leerstellen im Namen weglassen)

_____________________________

HINWEIS ZUM DATENSCHUTZ

Der Autor dieser Seite, Peter Schmidt

1.      sammelt keinerlei Daten
2.      weder persönliche
3.      noch statistische Informationen
4.      setzt keine Cookies
5.      verarbeitet keine Seitenzugriffe

Es handelt sich um eine reine Informationsseite des Autors,
welche Buchtitel, Rezensionen oder Hinweise bei
Anbietern verfügbar sind.

Links zu anderen Seitenbetreibern können eventuell dort beim
Aufruf einer Seite zur Nutzung von Cookies oder anderen
Datenerhebungen führen, von denen der Autor dieser Seite
keine Kenntnis hat.
 
Der Betreiber des aktiven Blog-Systems  „blogspot“ (Google)
erteilt gegebenenfalls separate Auskunft über verwendete
Datennutzungen.